Schon auf den ersten Blick sieht man, dass sich „Der Taucher“ von den meisten traditionellen Bilderbüchern abhebt. Auf den ersten Seiten steht Schillers Ballade „Der Taucher“ (1797), die sich wie ein in Reimen verfasstes, allerdings sprachlich anspruchsvolles Märchen liest.
Es geht um einen jungen Knappen, der seinen Mut beweisen will, indem er den goldenen Kelch des Königs aus den Tiefen des Ozeans heraufholt. Niemand sonst traut sich, der Charybdis, dem gestaltlosen Meeresungeheuer, entgegenzutreten. Mit viel Glück gelingt es dem Knappen und er kann dem König und den übrigen Rittern von den Monstern dort unten erzählen. Doch dem König reicht dies nicht. Er verlangt, dass der Knappe noch einmal nach dem Kelch taucht – Belohnung ist diesmal die Hand der Prinzessin. Diese fleht den Vater an, ihren Liebsten zu verschonen, kann ihn aber letzten Endes nicht umstimmen. So springt der Knappe, durch die Liebe der Prinzessin ermutigt und der Gefahr zum Trotz, ein weiteres Mal in die tosenden Wellen, während die übrigen Anwesenden gespannt und voller Sorge auf seine Rückkehr warten…
Es folgt Wiesmüllers Bildinterpretation der Geschehnisse: auf großen Seiten gestaltet der Illustrator eindrucksvolle und Emotionen erzeugende Bilder, die die Kraft und Übermacht des Ozeans (Schrecken vs. Faszination) im Vergleich zum winzigen, ohnmächtigen Menschen wunderbar aufgreifen. Es geht um Mut, Glück, den verheerenden Drang, die Götter herausfordern zu wollen und auch um ein bisschen Liebe. Das Tolle an dem Buch ist, dass es nicht unbedingt nötig ist, die Ballade zu lesen oder zu kennen. Damit eröffnet sich die Möglichkeit, auch mit jüngeren Kindern sowie Menschen mit Fluchthintergrund, die nur wenige Deutschkenntnisse haben, die Bilder anzusehen, darüber zu sprechen und die Geschichte zusammen zu entdecken. Mich als Erwachsene hat das Buch sehr begeistert.
Sternebewertung:
Spannung: XXXX
Humor: X
Erfinden: XX
Wissen: X
Sinnliches: XX
Eckdaten:
Titel:Der Taucher
Autor: Friedrich Schiller
Bilder: Dieter Wiesmüller
Verlag: Carlsen
Alter: ab 4
Besonderheiten: kann mit oder ohne die Ballade „gelesen“ werden, tolle Bilder, klassische deutsche Literatur
verfasst von Meike Göttler (Studentin der FHCHP)